Ursachen einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS)
Die Ursachen einer Lese-Rechtschreibstörung sind nicht vollständig geklärt. Experten nennen fünf Faktoren, die zu einer Legasthenie führen können. Sie gehen von mehreren Ursachen aus, bei denen familiäre, schulische, neurobiologische und genetische Einflüsse eine Rolle spielen.
1. Familiäre Ursachen
Um in einer Wissensgesellschaft zu bestehen, ist eine frühe Kindheit, in der vielfältige Förderungen stattfinden, unabdingbar. Mangelnde Entwicklungsanregungen können schwerwiegende Defizite zur Folge haben. Auch psychische Stressfaktoren wie Ehekonflikte, Geschwisterrivalitäten oder Traumata können eine Lese-Rechtschreibstörung ungünstig beeinflussen.
2. Schulische Ursachen
Ein Eingangsunterricht, der den Stufenaufbau des Lese-und Rechtschreib-Lernprozesses zu wenig beachtet, kann die Gefahr, eine Legasthenie zu entwickeln, verstärken. Auch ein unangemessenes
Unterrichtstempo, häufiger Lehrerwechsel, Schulängste oder eine ungünstige Klassenstruktur können eine Lese-Rechtschreibstörung verschlimmern. Auffällig in Bezug auf die zwei oben genannten Faktoren ist, dass viele Schüler*innen solchen Erfahrungen ausgesetzt sind, aber keine Lese-Rechtschreibstörung entwickeln. Experten sprechen hier nur von Risikofaktoren.
Der Verlauf einer Legasthenie kann durch die schulische und familiäre Unterstützung positiv beeinflusst werden. Heilen kann man die LRS nach aktuellem Kenntnisstand nicht. Ein realistisches
Ziel für die Betroffenen und ihre Familien ist, Strategien zu entwickeln, damit die Legasthenie das Leben nicht gravierend belastet.
3. Genetische Faktoren
Studien belegen, dass eine Lese-Rechtschreibstörung in Familien gehäuft vorkommt. Studiert man die Familiengeschichte eines Legasthenikers, findet man in der Regel einen Elternteil, Großvater oder
Onkel, der ähnliche Symptome hatte.
4. Neurobiologische Faktoren
Forschungsergebnisse unterstützen die Annahme, dass bestimmte Prozesse im Gehirn bei Menschen mit Legasthenie anders ablaufen. Akustische Reize, die schnell aufeinander folgen, werden von Menschen mit LRS anders verarbeitet. Beim Lesen und Schreiben zeigen bildgebenden Verfahren (z.B.: Kernspintomographie) Abweichungen der Aktivitätsmuster im Gehirn. Die Buchstaben-Laut- und die Laut-Buchstaben-Zuordnung ist bei Kindern mit einer Legasthenie deutlich entwicklungsverzögert und nicht selten mangelhaft entwickelt.
5. Kognitive Faktoren
Die veränderten neurobiologischen Prozesse von Menschen mit Legasthenie beeinflussen einige kognitive Bereiche, die zwar keine direkte Voraussetzung für das Erlernen von Lesen und Schreiben
darstellen, jedoch wichtig sind. Ein Beispiel ist das Arbeitsgedächtnis, das als Zwischenspeicher fungiert. Um ein Wort erlesen zu können, müssen Kinder den Anfang eines Wortes abspeichern, während sie das Ende des Wortes erlesen. Eine weitere Ursache für Legasthenie zeigt, dass Betroffene Laute und Worte undifferenzierter wahrnehmen, unzureichend abspeichern und schlechter
widergeben können. Betroffene haben Schwierigkeiten, die Regelmäßigkeit, Struktur (phonologische und morphologische Bewusstheit) und Rechtschreibregeln der Schriftsprache zu erkennen und
anzuwenden. Auffällig können auch die Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellen und auditiven Informationen, sowie die Aufmerksamkeitsspanne sein.
Zusätzlich haben Legastheniker oft einen geringeren Wortschatz und können weniger schnell visuelle Symbole verbal benennen (Wortfindestörung).